Die Farbwiedergabe von astronomischen Objekten

Grundsätzliches
Ein ganz grosses und oft diskutiertes Problem ist die eigentliche Farbwiedergabe. Wie sollen die Farben abgebildet werden? Was ist überhaupt eine korrekte Farbabmischung und Wiedergabe? Wie soll und muss ein astronomisches Objekt wiedergeben werden. Dies ist eine interessante Frage, auf die es keine wirklich schlüssige und abschliessende Antwort gibt. Es gibt aber einige Ansätze, die uns weiterhelfen können.

Die einzige uns zu Verfügung stehende Vorgabe ist das menschliche Sehen. Dieses ist aber wiederum für jede Person etwas verschieden, was das ganze zusätzlich erschwert. Aber immerhin ist diese Wahrnehmung im Mittel recht gut zu bündeln und so gibt es doch verlässliche Standards, wie ein Farbbild zu mischen ist. In diesem Zusammenhang ist es natürlich auch wichtig, dass die spektralen Empfindlichkeiten der verschiedenen Zellen im Auge berücksichtigt werden. Das Verhalten von R G B - Farbsensoren und deren Software ist typischen Lichtsituationen und der Farbwahrnehmung menschliches Sehens auf der Erde angepasst entwickelt worden.

Eine Eigenart eines Farbaufnahmemediums ist es, dass sich die einzelnen Farbbereiche deutlich überlappen. Damit erreicht man eine ausgewogenere Farbwiedergabe, Mit streng geteilten Farbbereichen erreicht man hingegen deutlichere Grundfarben entsprechend den Filtern Rot, Grün und Blau. Die sich stark überlappenden Bereiche der R G B - Pixel ergeben also feinere Farbabstufungen, zeigen aber weniger tiefe Grundfarben. Mit einer Monochromen CCD hat man die Möglichkeit, mit den gewählten Farbfiltern diese Seite der Farbbeeinflussung zu steuern

Farbaufnahmemedien sind weitgehend alle den Eigenschaften des Auges nachempfunden. Dies macht Sinn, weil man ja in der Regel auch ein Bild erreichen will, wie es auch von Auge gesehen wird. Nur in der technisch-wissenschaftlichen Fotografie sind ganz andere Aufnahmecharakteristiken gefordertt. Fabaufnahmemedien sind hier übrigens nicht nur CCD's, sondern auch der gute alte chemische Film oder zB. Farbröhren einer Filmkamera usw.

Das Hirn macht das gesehene Bild
Bevor man nun aber eine getreue Wiedergabe eines aufgezeichneten Bildes erstellen kann, muss man verstehen, wie das überhaupt beim menschlichen Sehen passiert. Das ist gar nicht so einfach und verbirgt viele Fehlerquellen bei der Farbabmischung eines Bildes. Die richtige Farbbalance ist nämlich gar nicht so einfach zu verstehen. Dies setzt die Kentniss der Funktion Farbtemperatur voraus. Diese beschreibt das Verhältniss der einzelenen Farben einer Lichtquelle zueinander und damit den Farbton eines Bildes. Mehr noch, es bestimmt auch "verbotene" Farben

Das menschliche Sehen hat sich im Licht unserer Sonne und Atmosphäre entwickelt. Im Hirn passiert nun automatisch und nahezu unbemerkt "vom Betrachter" eine Farbtemperaturanpassung. Dies lernt das Hirn bereits in den ersten Lebensjahren und ist eine wichtige Funktion der korrekten Wahrnehmung der Umgebung. Dies bewirkt, das unter jeder Lichtquelle ein weisses Blatt Papier als "Weiss" wahrgenommen wird, egal ob nun drei mal so viel rotes wie blaues Licht (zB. eine 40 Watt Birne) oder aber in einem grossen Schatten unter dem Licht des wolkenlosen Himmels (etwa doppelt so viel blaues wie rotes Licht) das Blatt betrachtet. Das Hirn gleicht das unbemerkt aus. Macht man zB. mit einer digitalen Kamera ohne automatische Farbkorrektur jeweils Bilder, so wird man schnell feststellen, dass das Weiss des Blattes je nach Lichtquelle von rötlichgelb bis Himmelsblau reichen würde.

ein Schwarzer Strahler als Referenz
Der sogenannte schwarze Strahler ist ein theoretsiches Stück Materie ohne eigene chemische Eigenschaften. Man muss sich das so verstellen: jedes zum Glühen gebrachte Element (zB. Eisen) erzeugt eine typische Lichtemission (= Glühen). Von Auge sieht man einfach eine Farbe entsprechend der Temperatur, also rötlich bei tieferen Temperaturen und je heisser, je mehr Blauanteil. Betrachtet man dieses Licht aber mit einem Spektroskop, so werden wir dunkle Absorbationslinien feststellen, typisch und auch unterschiedlich für jedes Element. Deshalb hat jede Lichtquelle, egal aus was sie auch besteht immer eine Eigenkomponente im Licht, der die Gesamtfarbe leicht beeinflusst. Ein theoretsicher Schwarzer Strahler hat dies nicht, er würde also ein Licht gänzlich ohne Absorbationslinien ausstrahlen. Die Farbtemperatur bezeichnet also das Verhältnis der einzelenen Farben zueinander. Das Licht eines Schwarzen Strahlers reicht von Dunkelrot (ca. 1000° C) über Hellrot von den Farben von glühendem Metall bis zu Sonnenuntergang (von rund 1500° C bis zu etwa 3500° C reichend) und dann "Weiss" (ca. 5600° C) und weiter zu Blau oder besser Himmelsblauartig (bis zu 20'000° C), entsprechend der Temperatur um das entsprechende Licht auszustrahlen. Emissionen bei tieferen Temperaturen fallen in den infraroten Bereich und werden deshalb in der Farbtemperaturtabelle der Fotografie nicht speziell verwendet, da vom Auge auch nicht wahrgenommen.

Ein ganz wichtiger Aspekt ist die Zusammensetzung dieses Lichtes, dass ja immer das gesammte sichtbare Spektrum einschliesst. Wie verhält sich der Anteil vom grünen Licht?! Dies liegt immer genau zwischen Rot und Blau! Die Farbtemperatur wird nun genau am Licht dieses Strahlers festgelegt, bzw kalibriert. Damit kann man nun jede Lichtquelle messen und bestimmen - jede Lichtquelle kann deshalb auch mit einfachen Filtern auf eine neutrale Wiedergabe konvertieren (dh. anpassen), so dass die drei Farben Rot, Grün und Blau gleich stark sind und ein weisses Baltt Papier auch mit wahrlich weissem Licht beleuchtet wird.

Menschliches Sehen und Farbtemperatur
Eine grosse Frage ist, ob sich das menschliche Sehen auch bei anderen Verhältnissen genau so entwickelt hätte. Denn: die normale Tageslicht - Farbtemeratur beträgt zufälligerweise ca. 5400° C, was fast genau dem Licht eines Schwarzen Strahlers entspricht, wenn alle drei Grundfarben gleich hell sind. Zufällig deshalb, da dass Licht der Sonne wie auch jedes Sternes zwar von der chemischen Zusammensetzung mitbestimmt aber im wesentlichen doch von der Oberflächentemperatur bestimmt ist. Ein real kühler Stern hat also auch eine tiefe Farbtemperatur und ein heisser eine hohe Farbtemperatur. Diese stimmt übrigens recht genau mit der wirklichen Temperatur überein. Hinweis: Aus diesem Grund gibt es auch keine grünen Sterne!

Unsere Sonne hat nun eine etwas höhere Temperatur und damit auch höhere Farbtemperaur als 5500° C. Die Atmosphäre lenkt und absorbiert nun aber nicht jede Wellenlänge gleichstark ab. Je weiter entfernt ein Objekt ist , je blauer erscheint es, je nach Wetterverhätnissen zudem unterschiedlich stark. Blaues Licht wird aus verschiedenen Gründen deutlich stärker abgelenkt als rotes Licht. Deshalb erscheint der Himmel auch Blau! Dadurch erreicht direkt von der Sonne das Licht wie durch einen leichten Farbkorrekturfilter, der etwas blaues Licht absorbeirt und dadurch das Licht etwas röter erscheinen lässt. Somit kommt eine Lichtbalance zusammen die zufälligerweise fast genau ausgeglichen ist. Ich kann mich noch gut an die ersten Farbbilder von den Apollonauten erinnern, die allesamt genau dies zeigten: alles war bläulich, den der Mond hat keine Atmosphäre und damit herscht eine Farbtemperatur von ca. 6500° vor, worauf der Film bei späteren Missionen mit entsprechenden Filtern erst angepasst werden musste. Wie sich das menschliche Sehen aber entwickelt hätte, wäre die normale Farbtemperatur am Tage nicht nahezu neutral, weiss niemand wirklich. Zum Beispiel auf Mars ist der Himmel Rosa und nicht nur die Farbtemperatur ist verschoben. Der Anteil von grünen Licht fällt deutlich ab. Eine interessante Frage, wie sich das menschliche Sehen unter solchen Verhältnissen entwickelt hätte oder wie es heute reagieren wird, würde man den dort stehen. Und letztlich geht es in der Diskussion der korrekten Farbwiedergabe eines astronomischen Objektes genau um diesen Punkt, den nur dies bestimmt, wie ein Objekt unter anderen Umstaänden wirklich gesehen würde.

Abweichende Lichtquellen
Sterne sind in der Farbwiedergabe sehr einfach einzuordnen. Sie müssen eine Farbe sehr nahe der Farbtemperaturskala von in etwa Sonnenuntergangsrot bis Himmelsblau haben. Andere Sternfarben gibt es vom Gesichtspunkt der menschlichen Wahrnehmen aus gesehen schlicht nicht. Aber es gibt am Himmel auch eine andere Art von Lichtquellen, die zudem nicht nur für Astrofotografen äusserst interessant sind: emittierende Nebel, vor allem Planetarische und Diffuse Nebel! Diese senden das Licht nicht wie eine Sonne in einem kontinuierlichem Spektrum (also ein breites, durchgehendes Leuchten in allen Wellenlängen) ab, sondern vorzugsweise in wenigen engen Wellenlängenbereichen. Wir kennen viele solchen Objekte, auch visuell nutzen wir ja mit diversen Filter diese Eigenschaft. Das Problem ist nun aber, dass diese typisch vorkommenden Wellenlängen einerseits nicht den Grundfarben entsprechen und schon gar nicht mit einem Schwarzen Strahler zu vergleichen ist. Es ist deshalb eine wichtige Frage, wie das menschliche Sehverhalten mit den vorgegebenen natürlichen Farbfiltern der Sehzellen davon gestört werden könnten.

Starke typische Lichtemissionen, die zwischen den Grundfarben liegen sind die beiden O III Linien und die H-beta Linie. Ein Beispiel ist der Hantelnebel (M27). Ein anderes typisches Beispiel ist der Nordamerikanebel NGC 7000, der auch eine deutliche O III Strahlung aufweist (sonst wäre er visuell ja nicht sichtbar) und nicht nur Licht der H-alpha Linie ausstrahlt. Wie sollen diese Objekte in einem Bild wiedergeben werden? Müsste M 27 nicht grünlicher sein und ist die rote Wiedergabe vom Nordamerika Nebel wirklich richtig? Nicht zuletzt ist ja das Auge auch in der besagten Wellenlänge der H-alpha Linie nicht mehr besonders empfindlich - auch im Tagsehen

Wie reagiert das menschliche Sehen?
Um diese Frage zu beantworten, muss man beantworten können, wie das menschliche Sehen auf solche Lichtquellen reagieren würde. Nun, dies ist gar nicht so schwer, den es gibt tatsächlich in unserer normalen Umgebung solche Lichtquellen, wenn diese auch nicht genau den astronomischen Nebeln entsprechen: Leuchtstoffröhren! Auch diese Lichtquellen werden vom menschlichen Sehen so wahrgenommen, das ein Blatt Papier im Prinzip weiss bleibt. Was ist aber daran nun besonders interessant? Eine Leuchtstoffröhre hat eine Intensitätszusammensetzung des Lichtes, die klar von einem Schwarzen Strahler abweicht. Sie produziert nämlich deutlich mehr grünes Licht als "erlaubt", dass heisst es liegt in der Intensität nicht genau zwischen Rot und Blau! Trotzdem sehen wir eine mit Leuchtstoffröhren beleuchtete Szene nicht grünlich. Nur wenn wir mit der digitalen Kamera wiederum ohne automatische Farbkorrektur ein Bild machen, wird es genau so grün wie es durch die Beleuchtung eigentlich sein sollte.

Das menschliche Sehen korrigiert also die unterschiedlichsten Lichtquellen zu einer möglichst neutralen Lichtzusammensetzung. Dementsprechend sind die Farben aller Bilder nach diesem Muster abzumischen, sofern sie eine Wiedergabe entsprechend dem menschlichen Sehen entsprechen sollen. Doch wie soll und kann man dies nun auf astronomische Objekte anwenden? Letztlich muss der Verwendungszweck eines Bildes entscheiden. Soll es "einfach" einem ästhetischen Genuss entsprechen, so sind alle Regeln der irdischen Wiedergabe zu berücksichtigen. Soll es aber einer wissenschaftlichen Darstellung entsprechen, muss man dazu auch die notwendigen Regeln festlegen (so können mit Farben bestimmte Elemente oder Temperaturen hervorgehoben werden). Nur, solche Farbbilder entsprechen nicht dem menschlichen Sehen!

Lichtquellen in Konkurenz zueinander
In einem astronomischen Bild kommen die verschiedensten Lichtquellen nebeneinander vor! Eigentlich müsste ja jeder Stern letztlich zu weiss gemischt werden. Warum aber sehen wir am Himmel trotzdem die Sterne in ihrer Eigenfarbe?

Ein ganz wesentlicher Punkt beim menschlichen Sehen ist der Umstand, dass für eine funktionierende Korrektur der Farbtemperatur eine genügende Gesamtintensität (Fläche und Helligkeit) vorhanden sein muss. Betrachtet man ein Lichtermeer einer Stadt aus Distanz, so wird man das Licht der vielen Fenster und Strassenlampen entsprechend ihrer Farbtemperatur sehen, meist gelblich von der Leuchtbirnen. Das Licht eines Fernsehers mit gegen 7000° (bzw. der beleuchtete Raum) ist bläulich. Interessant ist wiederum die Wiedergabe von Leuchtstoffröhren: diese sind in der Regel einfach weisslich! Einzig ein "warmes" oder "kaltes" Weiss wird wahrgenommen. Grün wird also auch bei gemischen Lichtverhältnissen fast immer unterdrückt. Eine wirklich interessante Eigenschaft des menschlichen Sehens.

Rückschlüsse auf die Bildwiedergabe
Als Amateuere machen wir normalerwesie Bilder fürs Gemüt ohne wissenschaftlichen Anspruch. Ein Bild soll also das Objekt so zeigen, als könnte man das Objekt wirklich von Auge sehen. Daraus ergibt sich auch für ein Bild astronomischer Objekte, das eine grüne Lichtquelle neutralisiert werden sollte. M 27 darf also keinen klaren Grünstich aufweisen, auch M 42 nicht. Ist viel oder zuviel grünes Licht vorhanden, muss dies zu einer weissen Wiedergabe führen, keinesfalls eine Grüne. Es spielt dabei keine Rolle, ob man mit Aufnahmegeräten mit überlappenden oder streng getrenten Farbbereichen arbeitet. Denn auch wenn man die Umgebung durch ein kombiniertes R G B - Filter betrachtet, dass die "Zwischenfarben" ausblendet, ändert sich an der generellen, wahrgenommenen Farbtemperatur nichts - ausser die Grundfarben Rot, Grün und Blau werden kräftiger. Einzig die Frage nach einer etwas wärmeren oder kälteren Gesamtfarbe bleibt offen - genau dies liegt aber im Bereich der Variation menschlichen Sehens.... und die wird bei der Wiedergabe astronomischer Objekte wesentlich auch von der der Wiedergabeintensität der H-alpha Linie bestimmt. Diese Wiedergabeintensität wird wohl am besten damit bestimmt, indem man eine R G B - Kamera mit erweiterten spektralen Empfindlichkeit verwendet und eine Tageslicht-Farbmischung vornimmt. Daraus folgt, dass der Nebel nicht ganz so intensiv Rot strahlend sein sollte. Trotzdem muss der Nebel rot sein, denn das Licht der O III Linie ist doch deutlich weniger stark nur sehr wenig blaues Licht ist vorhanden. Korrekt wäre wohl, wenn man den Nebel nicht so hell und intensiv rot leuchtend wiedergeben würde, sondern eher etwas gedämpft und dafür mit dunkleren Farben.

Farbwiedergabe ist schon sehr schwierig.

Hinweis:
Wenn das Auge kein Licht mehr mit allen farbempfindlichen Zellen wahrnimmt, wird die Farbinformation in der Regel "ausgeschaltet" und das Bild wird Schwarz/Weiss. Deshalb der Spruch, " in der Nacht sind alle Katzen grau" (früher gab es wohl noch nicht diese Lichtfülle in der Nacht!). Die wahre Empfindlichkeit der einzelnen Farbzellen ist dabei übrigens nicht gleich: die "Grünen" sind klar am empfindlichsten, die "Roten" und vor allem "Blauen" sind deutlich weniger empfindlich. Bei visueller Betrachtung sehr heller Objekte (zB. M 42 oder verschiedener heller Planetarischer Nebel (zB. M 76 ) wird zeitweise trotzdem der grüne Farbanteil des Objektes gesehen - das Objekt erscheint Grün. Trotzdem ist das Objekt nicht Grün, sondern die anderen Farben werden vom Auge schlicht nicht wahrgenommen, obwohl diese zB. bei M 42 mindestens ebenso hell wenn nicht heller sind! Das Sehen spielt uns hier also einen Streich.


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Letzte Änderung: 1. Oktober 2005, Webmaster