Justage eines Linsenobjektives

Moderne Linsenobjekte mittlerer Öffnung (typisch mit 3" bis 5" Linsendurchmesser) hoher Glasqualität mit ED- oder SD-Gläsern oder auch Kalziumfluorit haben viele positive und vom anspruchsvollen Amateur gewünschte Eigenschaften. Allerdings kommt mit dieser hohen Leistungsausbeute auch eine nicht so willkommene Eigenschaft hinzu: die Dejustageanfälligkeit.

Es ist nun nicht so, dass solche Optiken oder deren Fassungen besonders Empfindlich gebaut wären gegenüber normalen Achromaten. Es ist einfach so, dass die nahezu farbfehlerfreie Abbildung ganz einfach Justierfehler zeigt, die bei einem achromatischen Objektiv ganz einfach nicht wahrgenommen werden! Deshalb kommt es vor, dass ein solches Hochleistungsobjektiv hin und wieder nachjustiert werden muss.

Natürlich kommt vor jeder Justage, dass man besser das Teleskop sorgfätig behandelt, um eine Nachjustage möglichst vermeiden zu können. Um ein möglichst langes, anstandsloses Funktionieren des Teleskopes zu erreichen, sind folgende Punkte besonders zu beachten:
· Transportieren Sie das Teleskop sorgfältig: vermeiden Sie Schläge und Vibrationen.
· Schliessen Sie nach dem Beobachten nicht unbedingt sofort den Deckel. Feuchtigkeit auf dem Objektiv könnte sich so nicht verflüchtigen.
· Halten Sie die Verschlussdeckel bei der Lagerung verschlossen. Weniger Verschmutzung heisst weniger Belastung für das Objektiv beim Reinigen.
· Lagern Sie das Teleskop in einem Raum mit "wohnartigem" Klima, am besten innerhalb des Wohnbereiches selbst, ansonsten in einem trockenen Raum.

Eigentich justiert man Linsen durch rotieren zueinander. Diese Justage geht aber praktisch nie verlohren, so dass dies nur sehr selten bei einem Teleskop nachträglich gemacht werden muss. Dies ist auch nicht ganz einfach, denn sehr schnell werden die Linsen dabei zerkratzt oder mit Fingerabdrücken zugedeckt, hat man nicht die richtigen Hilfsmittel zur Hand. Nun kann man aber eine Linsenoptik in einem begrenzten Bereich mit seitlichem zentrieren feinjustieren. Praktisch alle modernen Linsenteleskope besserer Bauart haben deshalb heute seitliche Justierschrauben, mit denen die eine der beiden Linsen seitlich gegen die andere zentriert werden kann. Somit ist es jedem Anwender relativ leicht möglich, auch ein sehr empfindliches Linsenteleskop nachzujustieren. Die folgende Beschreibung wird anhand eines Borg Teleskopes gezeigt, kann aber bei fast jedem anderem guten Teleskop in gleicher weise erfolgen.

Als erstes müssen die in der Regel gut versteckten Justierschrauben freigelegt werden. Dazu ist die Taukappe zu lösen. Zu diesem Zweck ist einer der beiden Abschlussringe zu lösen, dann kann die Taukappe entweder nach vorne oder hinten über die Objektivfassung weggeschoben werden, je nach dem, welcher Ring entfernt worden ist.

Unter der Abdeckung kommen dann die Justierschrauben zum Vorschein. Es sind vier Stiftschrauben mit Innensechskant. Mit diesen Schrauben kann die vordere Linse in zwei Achsen gegenüber der hinteren Linse, die durch Silikonpuffer gehalten wird, verschoben werden. In jeder Achse sind gegenüberliegend je eine Schraube, so dass die Linse kontrolliert in beiden Richtungen bewegt werden kann.

Die wichtigste Vorarbeit bei jeder Justage ist, vor einem Eingriff anhand eines Beugungsbildes eines Sternes die Optik zu prüfen. Versicherern Sie sich aber zuvor, dass folgende Punkte gegeben sind:
· Das Teleskop muss gut ausgekühlt sein, dass heisst an die Lufttemperatur angepasst sein.
· Die Luftunruhe darf nicht zu gross sein. Sieht man kein aussreichend ruhiges Beugungsbild (sind also dauernde Bewegungen vorhanden), ist von einer Justierung abzuraten.
· Verwenden Sie keinen Stern nahe am Horizont. Ideal ist ein Stern im Zenit, tiefer als der Polarstern sollte kein Justierstern liegen!
Betrachen Sie nun das Beugungsbild des Teleskopes und achten Sie auf Ungleichmässigkeiten. Je näher Sie beim exakten Fokuspunkt sind, je feiner sehen Sie kleine Fehler, je empfindlicher reagiert aber das Bild auch auf Unruhe.

Auf dem Bild sehen Sie verschiedene Bilder - links ein perfekt justiertes Objektiv, in der Mitte ein seitlich verschobenes und rechts ein ganz leicht verspanntes. Verstellen Sie nun die Linse mittels der Schrauben so, dass das Beugungsbild wie auf dem linken Bild wird. Diese Arbeit ist eigentlich recht einfach, wichtig ist aber, dabei immer systematisch vorzugehen und keinesfalls einfach irgendwie irgendwas zu verstellen. Sie werden feststellen, dass Sie bei systematischen Vorgehen sehr schnell eine perfekte Justierung erreichen werden.

Hinweis:
Verschiedene Teleskope haben anstelle der vier Schrauben (in zwei Achsen) drei Schrauben in 120°, ansonsten ist gleich zu Verfahren.

Die hohe Schule der Objektivjustage besteht nun darin, die Linse so fest zu stellen, dass diese nicht verspannt. Je nach Temperatur kann dies aber wieder anders sein. Also bei sehr kaltem Wetter die Justierschrauben eher etwas fester anziehen, bei warmen Temperaturen eher etwas lose lassen.

Hinweis
Versichern Sie sich bei jeder Fassung zuerst, ob die Stiftschrauben direkt auf die Linse drücken, oder ob die Linse in einem Zwischenring liegt. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Liegen die Schrauben direkt auf, düfen die Justierschrauen keinesfalls angezogen werden!

Moderne Linsenteleskope kleinerer Öffnung werden zwar als sog. APO's betitelt, sind aber in der Regel nur sehr gute Halbapochromaten. Dass heisst, Sie haben einen, wenn auch sehr geringen Farbfehler. Dies bewirkt, dass auf der einen Seite des unfokussierten Bildes die Beugungsringe weniger deutlich hervortreten, da diese durch den Restfarbfehler überdeckt werden. Dieser Fehler hat ein ähnliches Erscheinungsbild wie eine sphärische Unterkorrektur. Deshalb soll und kann man ruhig auf der anderen Seite (in der Regel Intrafokal) arbeiten. Um die Qualität der Optik trotzdem prüfen zu können, kann man einfach ein Gelbfilter verwenden, so dass der störende restliche Blauanteil weggefiltert wird und damit auch die Beugungsringe beidseitig des Fokuspunktes sauber sichtbar sind.

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Letzte Änderung: 28. September 2005, Webmaster